Ortrun Bargholz (Berlin): »Dichterwerkstatt von heute. Die Exilgeschichte eines Atelierhauses, Schriftstellers und Architekten.« (Screening, 34min / mit anschließender Diskussion)
Viele Architekt*innen und Künstler*innen waren nach der Machtübernahme durch das Hitlerregime gezwungen, Deutschland und die besetzten Teile Europas zu verlassen. In diesem Filmund Forschungsprojekt wird die zeitliche Parallelität des ›Lebens‹ oder ›Nachlebens‹ der in Deutschland hinterlassenen Gebäude und der Leben ihrer Protagonist*innen im Exil untersucht. Die Jahrzehnte andauernde Freundschaft zwischen dem Architekten Harry Rosenthal und dem Schriftsteller Arnold Zweig begann mit dem Bau eines »Schreibstudios« für den augenkranken Zweig am Kühlen Weg 9 in Berlin-Eichkamp. Während sie ihren persönlichen Kontakt im palästinensischen und später britischen Exil aufrecht erhalten konnten, mussten sie ihr Werk beziehungsweise den Schaffensort – für beide ein hoch emotionales Projekt – in der Heimat zurücklassen. Das Nachleben des Hauses führte in ein verworrenes Netzwerk auf architektonischer, literarisch-künstlerischer, politischer und zeitgeschichtlicher Ebene, die sich bis heute an dem transformierten Haus ablesen lassen. Die Vielzahl von unerwarteten Verkettungen ergab sich erst in der geistigen Collage aus Archivmaterial, Gesprächen mit anderen Forscher*innen, Zeitzeug*innen, den heutigen Bewohner*innen, sowie historischen und aktuellen Publikationen. Dabei wird auch das Haus selbst, der Arbeitsweise des Centre for Documentary Architecture entsprechend, sowohl in der Bausubstanz als auch in seiner bürokratischen Dokumentation, als Archiv verstanden. Der entstandene Film verarbeitet diese Zeugnisse und versucht zugleich, das Haus selbst über seine Geschichte sprechen zu lassen. Das Medium des Films ermöglicht dabei in seiner audiovisuellen Choreographie eine andere Narration der wissenschaftlichen Arbeit.