Oliver Trepte (Weimar): Weimars mediale Inszenierung – Die Erfindung der Stadt der Klassik und der Moderne
Im Stadtmarketing Weimars erscheint »die Klassik« gemeinhin als ein tradiertes Narrativ, wogegen »die Moderne« als eine neue Erbekonstruktion der letzten Jahre anmutet. Entgegen dieser bewussten Setzung »alt« versus »neu« handelt es sich tatsächlich jedoch nicht um eine alleinige Verschiebung städtischer Leitbilder im gegenwärtigen Diskurs. Vielmehr stellten beide Narrative bereits seit dem Einsetzen der lokalen Fremdenverkehrsindustrie im 19. Jahrhundert einen festen Bestandteil in der Aushandlung der medialen Selbstinszenierung der Stadt dar.
Der Tagungsbeitrag soll zeigen, dass in Weimar schon in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts sowohl das Erbe der klassischen Zeit als auch die Vision einer modernen Fremdenverkehrsstadt als diskursprägende Identifikationsobjekte vorhanden waren und einer engen Wechselwirkung unterlagen. Hierfür werden die massenmedialen Materialisierungen von Weimar, wie Postkarten, Stadtpläne, Fotografien und Druckgraphiken, in ihrer historischen Genese in den Blick genommen. Die zugrundeliegende Frage lautet dabei, welche Motive, Zeitschichten und Leitbilder sich in diesen öffentlichen Medien feststellen lassen. Die Manifestation solch städtischer Eigenbilder – Weimar als Klassikerstadt sowie Weimar als Stadt der Moderne – wird als Resultat eines langewährenden Aushandlungsprozesses verstanden, wovon aber nur ein ausgewählter Teil bis in die Gegenwart wirkt. Die bislang übersehenen Dinge der medialen Inszenierung werden als Möglichkeit verstanden, aktuelle Inhalte des Stadtmarketings kritisch zu reflektieren und alternative, aber gleichsam bedeutsame Erbekonstruktionen aufzuzeigen.