Nasima Islam (Calcutta): Die Entstehung der ‘Miya’: Eine Untersuchung des Widerstands zensierter Identitäten im Indischen Bundesstaat Assam
Judith Butler („Haß spricht“) hat deutlich gemacht, dass die Zuschreibung
Judith Butler hat in „Hass spricht“ (1997) deutlich gemacht, dass die Zuschreibung von abwertenden Bezeichnungen und Namen zugleich die sprachliche Bedingung darstellt, mit denen die Subjekte diesen Verletzungen begegnen können. Der Akt der Verletzung kann einen produktiven/konstruktiven Aspekt haben, wenn er den Betroffenen solche Möglichkeiten eröffnet. Diese Hypothese lässt sich auch bei der Untersuchung der Machtverhältnisse zwischen dem Zensor und den Zensierten gut nachvollziehen. Meine Fallstudie widmet sich der Gruppe der aus Bengalen stammenden assamesischen Muslime im indischen Bundesstaat Assam. Die Mitglieder dieser Gemeinschaft werden abwertend als „Miya“ bezeichnet, um ihnen vermeintlich verbrecherische Grundzüge zu unterstellen und zugleich ihren politisch-rechtlichen Anspruch auf eine vollwertige Staatsbürgerschaft zu delegitimieren. Paradoxerweise hat das Wort in der Sprache Urdu auch die Bedeutung „Gentleman“.
Historisch somit Opfer tiefgreifender struktureller Diskriminierungen und fremdenfeindlicher Gewalt, begannen einige Menschen aus dieser Gemeinschaft, sich mithilfe von Poesie gegen diese Marginalisierung zu wehren. Der Beitrag beleuchtet, wie die Dichter dieser Gemeinschaft, allgemein als „Miya-Poeten“ bekannt, ihre „Miya-Identität“ neu behaupten und so den Weg für eine soziale und kulturelle „Miya-Bewegung“ ebnen, die einerseits hilft, den alltäglichen Aggressionen sowie der Zensur seitens der mächtigen und privilegierten Bevölkerungsgruppen Assams Widerstand zu leisten. Andererseits trägt sie dazu bei, das Recht auf Staatsbürgerschaft im Zuge einer auf Exklusion abzielenden, statistischen Maßnahme, dem sogenannten „National Register of Citizens“ (NRC), zu sichern. Der Vortrag zeigt weiterhin, wie die „Miya-Poeten“ trotz staatlicher Zensur durch Verhaftungen, Verbote und Drohungen versuchen, die Grundzüge der Identität ihrer Gemeinschaft neu zu verhandeln, die zugleich zensiert und im Rahmen einer „umfassenden assamesischen Identität“ minorisiert wird. Die Aushandlungsstrategien gegenüber den staatlichen Akten der Zensur, die Bemühungen um eine Rekonstruktion und Entstigmatisierung der eigenen Identität sind ein einzigartiger Akt des Widerstands, der in diesem Vortrag näher beleuchtet werden soll.