Ibrahim Klingeberg-Behr: Denkmale für Opfer von rechter Gewalt – Erkämpfte Anerkennung

In der Zeit von 1990 bis heute wurden in Deutschland über 180 Menschen durch rechtsextrem motivierte Gewalt getötet. Diese Zahlen stammen aus unabhängigen journalistischen Recherchen. Viele der Taten werden von der Bundesregierung und den zuständigen Landesinnenministerien nicht offiziell als politische Hassverbrechen anerkannt. Ähnlich wie bei der fehlenden offiziellen politischen Anerkennung und oft als Folge davon, sind diese Verbrechen, ihre Opfer und deren Angehörige selten Teil oder Thema einer öffentlichen Debatte oder einer kollektiven Erinnerungskultur.

Hierfür scheint es auch an Praktiken, Ästhetiken und Erzählungen zu mangeln, die gleichzeitig die Trauer um ein zufälliges unschuldiges Opfer ausdrücken und die gesellschaftliche Verantwortung für politische Gewalt adressieren. Es sind besonders die Angehörigen, die Überlebenden und die potenziell Betroffenen von rechter Gewalt, die diese Auseinandersetzung immer wieder einfordern und in der jüngsten Zeit auch vermehrt gehört werden.       

Abgesehen von einer Hand voll bundesweit bekannter Falle findet rechte Gewalt „vor Ort“ statt und auch die Erinnerung an die Opfer hängt von kommunalpolitischen Gegebenheiten ab. Ein Denkmal oder andere Erinnerungszeichen sind der deutlichste Ausdruck einer Anerkennung durch die örtliche Gemeinschaft. Der öffentliche Raum ist aber begrenzt, hierarchisch und wird von politischen, administrativen und sozialen Systemen kontrolliert und geformt. Gestalt und Lage von Denkmalen und Erinnerungsorten für Opfer von rechter Gewalt geben Aufschluss darüber, welche Bedeutung die Gesellschaft diesen Taten beimisst und welchen Einfluss Opfergruppen auf die Erinnerungskultur und die Produktion von Raum nehmen können. 

In einer ebenso breiten wie tiefen Untersuchung werden Denkmale für Todesopfer rechter Gewalt im gesamten Bundesgebiet katalogisiert und einzelne Orte im Detail betrachtet um die ästhetischen, erinnerungskulturellen und politischen Charakteristiken dieser kaum beachteten Objekte herauszuarbeiten.  

Ibrahim Klingeberg-Behr promoviert an der Universität Kassel zu Denkmalen für Todesopfer von rechter Gewalt. Die Promotion am Fachbereich Architektur wird durch ein Stipendium der Hans Böckler Stiftung gefördert. Er hat in Kassel und Hannover Architektur und Stadtplanung studiert und befasst sich mit dem Zusammenwirken von Geschichte und Gesellschaft im gebauten Raum.

Bauhaus-Universität Weimar
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Beginn: 18.45