Der Saal für Menschwerdung. Eine Geschichte der Anthropogenese-Ausstellung im Phyletischen Museum Jena (GER)
Naturkundliche Museen erzählen die Entwicklungsgeschichte des Menschen. Die Erkenntnisse und Irrtümer der Evolutionsbiologie hinterließen in den Ausstellungen dieser Museen ebenso ihre Spuren, wie die Versuche, das Wissen über die Anthropogenese für bestimmte (politische) Zwecke zu vereinnahmen. Am Beispiel des Phyletischen Museums in Jena verfolge ich in meinem Vortrag, wie sich seit dem Bau des Museums im Jahr 1912 das Ausstellungsdisplay der Anthropogenese verändert hat. In den Neuanordnungen und Kommentierungen der musealen Objekte zeigt sich, wie sich die Gesten des Verkündens vermeintlich gesicherter Erkenntnisse zunehmend in den Unschärfen des Nichtwissenkönnens auflösen. Die Erbauer ließen einen Stammbaum über dem Eingang des Museums anbringen – ein Bild, das heute als eine widerlegte Vorstellung evolutionärer Entwicklungen und Rechtfertigung rassistischer Ideen angesehen werden muss. Heute wird die Evolution des Menschen als ein verschlungenes Band mit losen Enden dargestellt. Nur sehr langsam konnten die Verkörperungen vermeintlicher Fortschrittsideen den aktuellen Vorstellungen von Diversität weichen. Anhand von Filmaufnahmen und Archivdokumenten zeichne ich dies in einer Ausstellungsgeschichte der Anthropogenese im Phyletischen Museum nach.