Arnisa Halili

Die Zerstörung des Nationaltheaters in Tirana während der COVID-19-Pandemie als Aushandlungsprozess europäischer Zugehörigkeit und Identität

Am 17. Mai 2020 hat die albanische Regierung während des Covid-19-Lockdowns die Zerstörung des Nationaltheaters in Tirana verordnet. Anstelle des Nationaltheaters sollte der dänische Stararchitekt Bjarke Ingels mit dem Bau eines Einkaufszentrums der Stadt zu einem neuen Image verhelfen.

Die rechtswidrige Zerstörung des Nationaltheaters wurde nicht nur von starken Protesten seitens der Bürger*innen, allen voran der Allianz zum Schutz des Theaters, begleitet und führte zur ersten 10-monatigen Besetzung eines Gebäudes in der Geschichte Albaniens – das autoritäre Vorgehen der Regierung widersprach dem mehrheitlichen Wunsch der Bevölkerung zum Erhalt und Schutz des Nationaltheaters. Das Nationaltheater repräsentierte für viele mehr als nur ein kulturelles Zentrum. Das Gebäude im futuristischen Stil wurde in der Zeit der italienischen Besatzung vom Architekten Giulio Bertè zwischen 1938 und 1939 errichtet und seine Bautechnik galt für die damalige Zeit als innovativ. Es stand repräsentativ für die Wiege der Kulturinstitutionen Albaniens und der Kampf um den Erhalt des Nationaltheaters galt als Hoffnungsschimmer der Demokratie im Land.

Im Rahmen meiner Dissertation möchte ich über einen biografisch-empirischen und diskursiven methodischen Zugang die Bedeutung der Zerstörung des Nationaltheaters für die europäische Identität und das europäische Zugehörigkeitsgefühl vor Ort untersuchen. Das Vorgehen der albanischen Regierung soll dabei vor dem Hintergrund betrachtet werden, dass deren Vorstellung einer „modernen europäischen Stadt“ im Widerspruch zum eigentlichen Leitbild der Europäischen Stadt steht, in der dem Schutz von Erbe eine fundamentale Rolle zukommt. 

Das Promotionsvorhaben ist aus zweierlei Hinsicht relevant: Gesellschaftspolitisch muss dem gegenwärtigen „Othering“ und der Exotisierung des Balkans entgegengewirkt werden, indem die Erb-Zerstörung vor Ort als Zerstörung von europäischem Erbe eingeordnet wird. Zudem wird auf die bestehende Forschungslücke hinsichtlich des Umgangs mit europäischen Erb-Zerstörung und Erb-Verlust im Balkan durch autoritäre Regierungsführer*innen reagiert und dessen Auswirkungen auf das europäische Zugehörigkeitsgefühl vor Ort untersucht.

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Veröffentlichungen (aktuell)

Halili, A. (2021): Handlungspotenzial von (Anschlags-)Städten im Umgang mit Rechtsterrorismus. In Eckardt, F. & Bouguerra, H. M. (Hrsg.): Stadt und Rassismus: Analysen und Perspektiven für eine antirassistische Urbanität. 1. Auflage. Münster: Unrast.

Gästin zum Thema „albanische Idenität in der postmigrantischen Gesellschaft“ im Podcast von Wiedemeier, I. & Yelken, R. (2021): Folge 15: Ermir Destani, www.auf-integrationskurs.de/podcast/episode-09-bl58d[05.10.2022].

Halili, A. (2020) The Case of Énissa Amani, https://kosovotwopointzero.com/en/the-case-of-enissa-amani/[05.10.2022].

Halili, A. (2020): Urban Conflicts Podcast: Urbane Konflikte in Europa und darüber hinaus, /www.treffpunkteuropa.de/urban-conflicts-podcast-urbane-konflikte-in-europa-und-daruber-hinaus?lang=fr[05.10.2022].

Halili, A. (2020): Istanbuls erster Botanischer Garten: Deutsch-türkische Geschichte mit allen Sinnen erspüren, www.treffpunkteuropa.de/istanbuls-erster-botanischer-garten-deutsch-turkische-geschichte-mit-allen?lang=fr[05.10.2022].

Halili, A. (2020): „Nicht Andere forschen über uns, sondern wir machen das!“, www.treffpunkteuropa.de/nicht-andere-forschen-uber-uns-sondern-wir-machen-das?lang=fr[05.10.2022].

Halili, A. (2020): Albanien: Zerstörung des Nationaltheaters im Schatten von Corona, www.treffpunkteuropa.de/albanien-zerstorung-des-nationaltheaters-im-schatten-von-corona?lang=fr[05.10.2022].