Benjamin Häger (Berlin): Denkmal als Konstruktion. Identität und Erbe in der amtlichen Denkmalpflege
Denkmale sind Konstruktionen in doppelter Hinsicht: materiell und sozial. Ihnen kommen gleich mehrere – meist stabilisierende – Funktionen zu: die Sicherung von Wissen, die Begründung von Werten, die Fundierung von Identität. Dazu ist es nötig, Themen und Objekte auszuwählen, sie als relevant und denkmalwürdig zu bewerten, sie verständlich zu vermitteln und justiziabel zu begründen. Richtlinie für diese Arbeit ist das sogenannte öffentliche Erhaltungsinteresse, das in Ansehung des jeweiligen Objekts von den Denkmalpflegerinnen konkretisiert werden muss. Dieser explizite oder implizite Prozess der Bedeutungszuschreibung und Bewertung ist eine im öffentlichen wie fachlichen Diskurs kaum beachtete kulturelle Konstruktionsleistung der Inventarisatorinnen. Kaum beachtet, weil die amtliche Denkmalpflege ihre Legitimation zur »Verwaltung der Geschichte« (Speitkamp) aus ihrer realienkundlichen Objektivität und inhaltlichen Neutralität bezieht, während jede Auswahl, Bewertung und Vermittlung eines Denkmals eben nicht gänzlich wertneutral sein kann. Ganz anders verhandelt dies das Konzept des Kulturerbes, das ohne Subjektivität und Aneignung von Kulturerbe nicht zu denken und wo das Konstruktionstheo-
rem fest verankert ist.Der Beitrag stellt daher – alternativ zur verbreiteten Gegenüberstellung der beiden Konzepte »Denkmal« und »Erbe« – ihre Gemeinsamkeiten heraus und definiert »das Denkmal« als Teil »des Erbes«. Grenzziehungen zwischen den beiden Konzepten, aus denen sich auch Deutungshegemonien speisen, werden negiert und der Konstruktionscharakter von Denkmalbewertungen anhand ausgewählter Interview-Auszüge herausgestellt. Daran kann auch gezeigt werden,
dass die amtliche Denkmalpflege auf unterschiedliche Weise an der Konstruktion von Kulturerbe und kollektiver Identität beteiligt ist. Wie Kultur(-erbe) im Allgemeinen wird so das Denkmal im Besonderen als Medium gesellschaftlicher Aushandlung verständlich und Denkmalpflege als i.w.S. politische Arena begreifbar, in der unterschiedliche Akteure mit verschiedenen Perspektiven, Werten und Interessen aufeinandertreffen.