Mensch und Maschine? Zu den »Denkmalen der Produktivkräfte« in der ehemaligen DDR (GER)

Die anerkannten Konzepte industriellen Erbes – unter dem Begriff der Industriekultur subsumiert – werden maßgeblich über den Verlust der aktiven Produktion konstruiert. Sie entstanden als Reaktion auf Deindustrialisierung und dienten zunächst der Erhaltung baulich-räumlicher Zeugnisse, wie im Ruhrgebiet der 1970er Jahre. Die darauffolgenden Transformationsprozesse werden zumeist von neuen Akteur*innen gestaltet und die hinterlassenen Zeugnisse entlang neuer Wertzuschreibungen grundsätzlich hinterfragt. Unabhängig vom daraus folgenden Umgang wird auch die Deutungsposition der Arbeiter*innen hinsichtlich ihres Erbes neu gesetzt: von aktiv Beteiligten zu passiven »Ehemaligen«. Teilweise werden die zentralen Perspektiven zwischen »Mensch und Maschine« in späteren Konzepten wieder aufgegriffen und dienen als Rückschau in die Vergangenheit – vielfach geraten sie aber auch gänzlich in Vergessenheit.

In der vom Weltmarkt isolierten und planwirtschaftlich organisierten DDR nahm die Industrie einen konstituierenden Faktor ein. Das industrielle Erbe wurde daher nicht über einen Niedergang der Produktion, sondern als lebendiger Teil des gesellschaftlichen Lebens konstruiert. Dadurch kam auch den Arbeiter*innen eine aktive Rolle des Erbens zu und der Erhalt der »Technischen Denkmale« wurde als »Recht und Verpflichtung der Arbeiterklasse«[1] propagiert. Diese ideologisch aufgeladenen Narrative rekurrierten unter anderem auf das von Marx und Engels beschriebene Spannungsverhältnis zwischen Mensch und Technik: Als »Denkmale der Geschichte der Produktivkräfte« sollten sie der Erinnerung an frühere Arbeitsverhältnisse, die Errungenschaften um die Produktionsmittel sowie den Kampf der arbeitenden Klasse dienen.[2] Dies bezog explizit auch Betriebe mit aktiver Produktion ein, in denen arbeitende Menschen ihr industrielles Erbe mit unterschiedlichen Herangehensweisen prägen konnten.[3]

Mit der Transformation Ostdeutschlands überschrieb der in der BRD geprägte Industriekulturbegriff diese Zuschreibungen jedoch weitestgehend. Der Vortrag fragt deshalb, welche Spuren das Konzept der »Denkmale der Produktivkräfte« hinterlassen hat und was industrielle Erbekonstruktionen der Arbeiter:innen in aktiven Produktionsstätten auszeichnet.  


[1]  Kulturbund der DDR (Hg.); Wächtler, Eberhard; Wagenbreth, Otfried (1973): Technische Denkmale in der Deutschen Demokratischen Republik, S. 7.

[2] Kulturbund der DDR (Hg.); Wächtler, Eberhard; Wagenbreth, Otfried (1973): Technische Denkmale in der Deutschen Demokratischen Republik, S. 8 f.

[3] Siehe unter anderem: Böhle, Karl-Heinz (1989): Erbstücke. Technische Denkmale in der DDR.