Anke Blümm: Erwünschtes oder unerwünschtes Erbe? Zur Identitätskonstruktion des Bauhauses am Beispiel von Gropius‘ Umfrage an die Bauhäusler 1935 (DE)
Wohl keine Projektionsfläche eines erwünschten Erbes funktioniert so gut wie „das Bauhaus“, das sich gerade aufgrund eines generalisierten wie unbestimmten Modernebegriffs perfekt in den Dienst einer positiven Identifikation nehmen lässt. Doch wie lief die Erbebildung ab und wie gingen die Protagonisten des Bauhauses mit dem um, was nicht in das idealisierte Bild passte?
Diese Fragen werden an einem Fallbeispiel erläutert, und zwar der „Umfrage an die Bauhäusler“, die Gropius 1935 von seinem Exil in England aus startete. Er erbat Werke aus der Bauhauszeit, die die erste Grundlage für Vorträge und eine anschließende Publikation bilden sollten. Doch dazu kam es nicht. Zum einen war der Rücklauf mager, was nicht zuletzt an der schwierigen politischen Situation im NS-Deutschland lag, zum anderen zeigten die wenigen mitgeschickten Fotografien eine kaum zu vereinheitlichende Bandbreite.
Wie schaffte es Gropius erstens dennoch, die positive Rezeption des Bauhauses über die Jahrzehnte zu prägen? Was folgt daraus für unsere Bedeutungszuschreibung an die Institution? Anhand der Umfrage 1935 soll daher überlegt werden, wie wir es schaffen, ein vielschichtiges Bild der Schule als Ganze in den Blick zu bekommen, ohne ihre bahnbrechenden Leistungen zu relativieren.
Dr. Anke Blümm ist wissenschaftliche Mitarbeiterin und Kuratorin am Bauhaus-Museum der Klassik Stiftung Weimar. Nach dem Studium der Germanistik und Kunstgeschichte in Heidelberg und Berlin folgte 2013 die Promotion an der BTU Cottbus mit einer Arbeit über die Rezeption der modernen Architektur 1933–1945 in Deutschland („Entartete Baukunst“? Zum Umgang mit dem Neuen Bauen 1933-1945, München 2013, Theodor-Fischer-Preis 2014). Von 2013–2016 war sie Projektkoordinatorin des DFG-Projekts „Bewegte Netze. Bauhaus-Angehörige und ihre Beziehungsnetzwerke in den 1930er und 1940er Jahren“ (Cottbus/Erfurt). Zurzeit bereitet sie eine Ausstellung zum Thema „Bauhaus und Nationalsozialismus“ (Eröffnung Mai 2024) vor.
Bauhaus-Universität Weimar
Marienstraße 13 C, Hörsaal B
Beginn: 18.45 Uhr