Anna Angelica Ainio (London): Lasst sie, wie sie sind. Die Demontage des Denkmals für Robert E. Lee
Dieser Vortrag versteht sich als Beitrag zur anhaltenden Debatte um das Denkmal für Robert E. Lee in Richmond (USA). Demonstranten der Black Lives Matter-Bewegung greifen weiterhin das brisante Thema der Konföderierten-Denkmäler auf und fordern deren Entfernung. Die Argumente für oder gegen die Entfernung haben den Konflikt in seinen gegensätzlichen Positionen zugespitzt. Ich schlage in diesen Auseinandersetzungen einen dritten Weg vor. Als Beispiel dient mir der Pasquino, ein hellenistischer Marmor, an dem man Pamphlete anbrachte und der im Rom des 16. Jahrhunderts eine Plattform für die Kundgabe öffentlicher Meinungen bot. Der Pasquino wirft die Frage auf, wie dieser angemessen zu restaurieren sei, weil seine Beschaffenheit die traditionelle Konvention der Wiederherstellung des Originalzustands unterläuft. In der Verfälschung des Pasquino zeigt sich die Idee des „detournement“, den die Gruppe der „Situationistischen Internationale“ im Paris der 1960er Jahre formuliert hat. Der Begriff „detournement“ meint, dass ein Kunstwerk so verändert werden kann, dass es das Gegenteil von dem bedeutet, was es eigentlich vermitteln sollte. Im Zuge einer Reise durch verschiedene Zeiten und Orte der Welt argumentiere ich, dass Lees Statue dank der Spuren, die von den Angriffen auf das Denkmal zurückblieben, die in seiner Geschichte eingebetteten Konflikte darstellen kann. Meine These ist, dass ein Denkmal verschiedene Geschichten repräsentieren und gerade dadurch die Machtverhältnisse, aus denen es hervorging, in Frage stellen kann.