Daniel Drascek (Regensburg): Immaterielles Kulturerbe. Aushandlungsprozesse und Kontroversen

Durch die UNESCO-Konvention zum Schutz des Immateriellen Kulturerbes von 2003 werden nicht mehr nur die absoluten (materiellen) kulturellen Spitzenleistungen als schützenswertes Kulturerbe betrachtet, sondern auch die tradierten kulturellen Ausdrucksformen der breiten Bevölkerung.

Waren Theoretiker der Reflexiven Moderne noch davon ausgegangen, dass wir uns auf eine posttraditionale Gesellschaft zubewegen, so scheint durch Globalisierung und Modernisierung das Bewusstsein für die Gefährdung der kulturellen Überlieferung eher gewachsen zu sein. Dies löste verschiedenste Aushandlungsprozesse im praxisnahen Umgang mit dem immateriellen Kulturerbe und entsprechende kulturwissenschaftliche Kontroversen aus. Der Vortrag soll exemplarisch in das Themenfeld einführen und kritisch die mitunter geradezu unversöhnlichen Standpunkte hinterfragen.

Daniel Drascek studierte Volkskunde, Geschichte und Politikwissenschaft. Nach Habilitation und Professurvertretungen seit 2002 Lehrstuhlinhaber für Vergleichende Kulturwissenschaft an der Universität Regensburg und seit 2006 Leiter des Instituts für Volkskunde bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Zu den Forschungsschwerpunkten gehören Kulturvergleich, Aufklärungskritik, Brauchforschung, Zeit- und Erzählkulturen. Weitere Arbeitsschwerpunkte bilden die (Mit-)Herausgabe der „Enzyklopädie des Märchens“, des „Bayerischen Jahrbuchs für Volkskunde“ und des „Jahrbuchs für Europäische Ethnologie“. Seit 2013 ist er Vorsitzender des Expertengremiums Immaterielles Kulturerbe Bayern und seit 2015 ordentliches Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften.