Ringvorlesungsreihe »Identität und Erbe«
Wir freuen uns sehr, Sie zum nächsten Vortrag Ringvorlesungsreihe des Graduierenkollegs »Identität und Erbe« einladen zu dürfen. Angelika Schnell, Professorin für Architekturtheorie, Architekturgeschichte und Entwurf an der Universität der bildenden Künste in Wien, geht in Ihrer Vorlesung den philosophisch-theoretischen Grundlagen von Rossis Zugriffs auf "Geschichte" nach und lenkt den Blick dabei auch auf die methodisch komplexe Fragestellung des Rückbezugs auf das Bestehende und auf Vergangenheit im Allgemeinen, welche, so Schnell, in den hitzigen Rekonstruktionsdebatten der Gegenwart kaum eine Rolle zu spielen scheint.
3.12.2019, Technische Universität Berlin Angelika Schnell (Wien): »Keine Geschichte und kein Gedächtnis? Aldo Rossis Architektur der Stadt«
„Ich verstehe Geschichte als das bereitstehende Material der Architektur.“ Aldo Rossi
Über das bauliche und architekturtheoretische Vermächtnis des Mailänder Architekten Aldo Rossi (1931–1997) herrscht bis heute keine Einigkeit. Die Suche nach einer „rationalistischen“ Methode, die geeignet sei, die Geschichte der Architektur und der Stadt wissenschaftlich zu erfassen bzw. als bereitstehendes Material in der architektonischen Praxis produktiv zu machen, hat Rossi zeitlebens beschäftigt. Angelika Schnell geht anhand einer genauen und systematischen Analyse von Aldo Rossis zentralen Texten der Frage nach, auf welchen philosophisch-theoretischen Grundlagen der Rückbezug auf Formen und Typen der Vergangenheit fußt, ob und wie der Architekt eine geschichtstheoretische Position entwickelt hat, und wie diese im Kontext seiner modernekritischen Zeitgenossen einzuordnen ist. Ein Teil der Schwierigkeiten habe damit zu tun, dass Begriffe wie Geschichte, Vergangenheit, Tradition, Kultur, Gedächtnis, Erinnerung usw. im Architekturdiskurs wie Synonyme benutzt werden, während zeitgleich zur „postmodernen“ Rückkehr der Architekturschaffenden zur „Geschichte“ der universale Geschichtsbegriff selbst in Frage gestellt wurde. Die Forschungsarbeit, die Rossis „Konstruktion des Wirklichen“ in konzentrierten Textdeutungen auf den Grund geht, gibt Anlass, über Unschärfen und Widersprüche, aber auch über heutige Anknüpfungspunkte an Rossis vielschichtiges Werk zu sprechen. Denn das Bewusstsein, dass der Rückgriff auf das Bestehende eine methodische komplexe Fragestellung ist, scheint in den hitzigen Rekonstruktionsdebatten der Gegenwart kaum eine Rolle zu spielen.
Angelika Schnell ist seit 2009 Professorin für Architekturtheorie, Architekturgeschichte und Entwurf an der Universität der bildenden Künste in Wien. Nach einem Studium der Theaterwissenschaft in München und einem Studium der Architektur an der TU Berlin und an der TU Delft promovierte sie an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart über das schriftlich-theoretische Werk von Aldo Rossi. Von 1993 bis 2001 war sie Redakteurin der Architekturtheoriezeitschrift ARCH+ und lehrte Architekturtheorie und Architekturgeschichte an der TU Berlin, an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart, der Universität Groningen und der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck. Sie ist Mitherausgeberin der Bauwelt Fundamente. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen auf dem theoretischen Verhältnis von Architektur und Stadt im 19. und 20. Jahrhundert, insbesondere auf der Phase der Modernekritik, auf den Entwurfsmethoden der Architektur sowie deren transdisziplinären Vernetzungen.
Datum: Dienstag, 3.12.2019
Beginn: 18h30 s.t.
Veranstaltungsort:
Technische Universität Berlin Straße des 17. Juni 13, Hauptgebäude, Hörsaal H112
Interessierte sind herzlich eingeladen. Der Eintritt ist frei.
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