25.-26. November 2021 Tagungsort: Bauhaus-Universität Weimar (Im Falle von pandemiebedingten Einschränkungen wird die Veranstaltung online stattfinden.)
Die Begriffe und Kategorisierungen als ›Cancel-Culture‹, ›Political Correctness‹, ›Call-Out-Culture‹ und ›Zensur‹ bestimmen die Kulturdebatten der Jahre 2020/2021. Das zeigen beispielsweise die Auseinandersetzungen über Forschungs- und Meinungsfreiheit wie auch die Diskussionen über Erinnerungsorte, Denkmalstürze und museale Ausstellungspraktiken. Als im vergangenen Jahr im Zuge der Black-Lives-Matter-Bewegung in den USA, England und Belgien Statuen von Generälen der Konföderation und Menschenhändlern angegriffen wurden, sahen sich die Protestierenden mit dem Vorwurf der Zensur, des Moralismus und des Bilderverbots konfrontiert. Ähnliche Schlagworte kursierten 2018, nachdem #MeToo eine kritische Neubewertung von öffentlich ausgestellten Kunstwerken ausgelöst hatte und weltweit mehrere Ausstellungen geschlossen oder verschoben und einzelne Exponate abgehangen wurden. Das Ziel der Konferenz ist es, einen Beitrag zum Verständnis und zur Historisierung von Zensurdebatten, ihren Entstehungskontexten, ihrer Verbreitung, den beteiligten Akteur*innen wie auch den mit den Zensurdebatten verbundenen Argumentations- und Wahrnehmungsmustern zu leisten. In diesem Sinne wünschen wir uns Beiträge, die sich Zensur aus diskurs-, konflikt-, mediengeschichtlicher und/oder theoretischer Perspektive widmen.
Zensur – Der Begriff der Zensur ist nicht eindeutig besetzt und bestimmt. Nach engerem Verständnis beschreibt er nur die strukturelle und staatlich definierte Form der Informationskontrolle. In den oben beschriebenen Prozessen wird Zensur jedoch viel weiter gefasst und als diskursives Instrument in öffentlichen Debatten verstanden, mit dem Formen der gesellschaftlichen Aushandlungen (z.B. Regulierung, Moderation, Grenzverschiebung, Verdrängung) im Umgang mit kulturellem Erbe der Kritik unterzogen werden. Wir öffnen den Call sowohl für Untersuchungen, die sich strukturellen Zensurpraktiken widmen als auch für solche, die Zensurdebatten in den Blick nehmen – jedoch stets mit dem Fokus auf deren diskursive Einbettung und Kontextualisierung.
Identität und Erbe – Erbeprozesse sind Aushandlungsprozesse, denn der Umgang mit und die Deutung von einem kollektiv geteilten Erbe wird permanent ›erstritten‹. Dabei kommt es zu Auslassungen, Umschriften oder Hinzufügungen, die nicht nur ein Erbeobjekt, sondern auch seine soziale Konstruktion ausmachen. Dissens und Konflikt sind konstituierende Elemente in dieser Aushandlung von materiellen und/oder ideellen Erbe- und Identitätskonstruktionen. Zensur als Perspektive auf Erbkonstruktionen bietet damit einerseits die Möglichkeit auf das zu schauen, was positiv als Erbe oder Identität etabliert wird. Andererseits richtet diese Perspektive ihren Fokus auch auf das, was als negativ, als unerwünscht gilt, was unterdrückt, ausgeschlossen, abgelehnt oder verhindert wird. Dies kann sich sowohl auf bestimmte Narrative, materielle und immaterielle Erbeformationen, aber auch auf Akteur*innen(-gruppen) beziehen.
Call – Die 5.Jahrestagung »Censored?« des DFG-Graduiertenkollegs »Identität und Erbe« widmet sich den hier beschriebenen Aushandlungsprozessen. Im Call for Papers wird nach Einreichungen für folgende Sektionen gefragt:
I. Identität und Erbe: Zensurdebatten als konstituierendes Element Welche Rolle spielen Zensurdiskurse bei der sozialen Konstruktion von Identität und Erbe? In welchen Prozessen ist Zensur ein Topos bzw. konstituierendes Element von Identitätskonstruktionen?
II. Diskurs und Differenzierung: Langzeitperspektive auf den Begriff Zensur Wie kann der Begriff der Zensur in Erbedebatten historisch und diskursiv beschrieben werden? Welche Konzeptionen und Legitimationen von Zensurpraktiken lassen sich aus den historischen und aktuellen Praktiken erschließen?
III. Deutungsmacht und Dissens: Konflikthafte Erbekonstruktionen Wie sehen Prozesse der Erbekonstruktion aus, wenn sie nicht in politisch, institutionell und sozial geregelten Bahnen, sondern konflikthaft verlaufen und damit durch Ausschlüsse und Ausgrenzungen gekennzeichnet sind? Wie werden solche Konflikte um Vergangenheit und Zukunft ausgetragen?
IV. Verortung und Bewahrung: Institutionelle Praktiken Welche Verantwortung tragen Archive, Denkmalschutzinstitutionen und Museen bei der Aufbewahrung und Herstellung von Erbe? Wie gehen diese Institutionen mit schwierigem/zensierten Erbe um?
V. Öffentlichkeit und Wissenschaft in Zeiten des Denkmalsturzes Wie steht es um den Zensurbegriff in Wissenschaft und öffentlichen Kulturinstitutionen aktuell?
Wir bitten um Beiträge, die sich mit den dargelegten Fragen und Thesen kritisch auseinandersetzen. Wir streben einen aktiven Austausch unter den Teilnehmenden an und freuen uns über Einreichungen aus unterschiedlichen Forschungszugängen und -disziplinen. Die Beiträge sollen eine Redezeit von 20 Minuten nicht überschreiten. Abstracts (300 Wörter) und CV werden bis zum 15.06.2021 per E-Mail erbeten an: cfp@identitaet-und-erbe.org
Über die Aufnahme in das Tagungsprogramm werden die Referent*innen Ende Juni 2021 informiert. Es ist geplant, die Beiträge in der Schriftenreihe des Graduiertenkollegs zu veröffentlichen. Die eingereichten Vorschläge dürfen daher noch nicht anderweitig veröffentlicht worden sein und müssen einen originellen Beitrag zum Thema des Calls aufzeigen. Die Deadline für die Abgabe der Vortragsmanuskripte ist der 10.11.2021.Die Konferenzsprachen sind Deutsch und Englisch. Reisekostenzuschüsse können begrenzt gewährt werden. Den Call for Paper als PDF und weitere Informationen zum Graduiertenkolleg finden Sie unter:https://www.identitaet-und-erbe.org/cfp-censored/
-------English Version-------
Censored? Conflicted Concepts of Cultural Heritage Call for papers | EXTENDED DEADLINE: 15.6.2021
5-th annual conference of the DFG Research Training Group »Identity and Heritage«
Bauhaus-University Weimar, 25.-26.November 2021 (In the case of pandemic-releated restrictions, the conference will take place online.)
The terms and categorisations of ‘cancel-culture’, ‘political correctness’, ‘call-out-culture’ and ‘censorship’ define the cultural debates of 2020/2021. This is shown, for example, in the debates about freedom of research and freedom of expression as well as in the discussions about places of remembrance, the toppling of monuments and museum exhibition practices. When, in the wake of the Black Lives Matter movement, statues of Confederate generals and human traffickers were attacked in the US, England and Belgium last year, protesters found themselves confronted with accusations of censorship, moralism and image repression. Similar taglines circulated in 2018 after #MeToo triggered a critical re-evaluation of publicly exhibited artworks and the closure or postponement of several exhibitions worldwide as well as the removal of individual exhibit pieces. The aim of the conference is to contribute to the understanding and historizisation of censorship debates, the contexts from which they emerged, their dissemination, the actors involved, as well as associated patterns of argumentation and perception. To this end, we would like to receive submissions that focus on censorship from discourse-, conflict- and media- historical and/or theorical perspectives.
Censorship – The term censorship is not clearly used or determined. Narrowly understood, it describes only the structural and state-defined form of information control. In the processes described above, however, censorship is comprehended much more broadly as a discursive instrument in public debates with which forms of social negotiation concerning cultural heritage (e.g. regulation, moderation, boundary shifting, repression) are subjected to critique. We are opening the call for examination focused on structural censorship practices as well as those that shed light on censorship debates – but in all cases with a focus on their discursive embedding and contextualisation.
Identity and heritage – Heritage processes are negotiation processes, because the handling and interpretation of a collectively shared heritage is permanently ‘contested’. This causes omissions, rewritings or addendums that distinguish not only a heritage object but also its social construction. Dissent and conflict are constituent elements in this negotiation of material and/or ideal heritage- and identity-constructs. Censorship, as a perspective on heritage constructions thus offers the possibility to look at what is positively established as heritage or identity on the one hand, and on the other hand to focus on what is held to be negative or undesirable, what is suppressed, excluded, rejected or prevented. This can refer to specific narratives, material and immaterial heritage formations, but also to actors or groups.
Call – "Censored?", the annual conference of the DFG Research Training Group "Identity and Heritage" is dedicated to the negotiation processes described here. This call for papers requests contributions for the following sections:
I. Identity and Heritage: Censorship Debates as a Constitutive Element What role do censorship discourses play in the social constructs of identity and heritage? When does censorship serve as a topos or constitutive element of identity constructs?
II. Discourse and Differentiation: A Long-Term Perspective on the Concept of Censorship How can the concept of censorship in heritage debates be described historically and discursively? What conceptions and legitimations of censorship practices can be inferred from historical and current practices?
III. Power to Interpret and Dissent: Conflicting Heritage Constructs What do processes of heritage construction look like when they do not proceed along politically, institutionally and socially regulated paths, but rather through conflict, exclusion and marginalisation? How are such conflicts about the past and the future fought out?
IV. Situation and Preservation: Institutional Practices What are the responsibilities of archives, heritage institutions and museums in preserving and producing heritage? How do these institutions deal with difficult/censored heritage?
V. The Public and Academia in Times of Monument Removal What is the current state of censorship in scholarship and public cultural institutions? We call for contributions that critically engage with the questions and theses presented. We aspire to an active exchange between the participants and welcome submissions from diverse research directions and disciplines. The contributions should not exceed a speaking time of 20 minutes. Abstracts (300 words) and CVs are requested by 15.06.2021 by email to:
Speakers will be informed about their inclusion in the programme by the end of June 2021. It is planned to publish the papers in the publication series of the Research Training Group. The submitted proposals must therefore not have been published elsewhere and must demonstrate an original contribution to the topic of the call. The deadline for the submission of papers or presentation manuscripts is 10.11.2021. The conference languages are German and English. Limited travel costs may granted. The call for papers as PDF and further information on the Research Training Group can be found at:https://www.identitaet-und-erbe.org/cfp-censored/ |